
Frie|de, Fried|den, der
Substantiv, maskulin, Friede, [friːdə]
Ein Zustand von Stille und Harmonie. z.B. ein Staat ohne Störungen des
öffentlichen Lebens. Abwesenheit von Gewalt, Angst und anderen Störungen.
(Transparent an der Volksschule Kirchdorf, Lustenau, 2022)
Auf der Suche nach dem Ehrengrab
jener früher sehr bekannten Nazi-Malerin, so viel
Marmor und Granit, als ob die Schwere von Verlusten durch Steine
aufgewogen würde. Das größte Steingebirge ist ein Kriegerdenkmal. Ganz oben,
eine gebeugte Gestalt, die sich so tief in ihr Gewand zurückgezogen hat, dass ein Gesicht erst aus der Nähe zu erkennen ist. Wozu hat sie ein Schwert dabei? Um sich in ihrer Trauer schwer darauf zu stützen, es bis zum Heft in das darunterliegende Gestein zu stoßen? Um es zu zerbrechen? (Nie wieder Krieg?) Nein, sie trägt es nah bei sich (am Herzen), als wäre ihr, von allen Dingen, nur das Schwert geblieben. Keine Inschrift,
kein Mein ist die Vergeltung (so wie damals angedacht), nur Trauer und
ein Schwert, als ob noch nicht entschieden wäre,
wie es damit weitergeht —
Wir wissen, wie es weiterging
(wir kennen die Geschichte), aber damals hat
das Denkmal viele Menschen so beschäftigt und den Künstler
so zermürbt, dass er fast aus freien Stücken hingeschmissen hätte. (Später
schicken ihn die Nazis in den Ruhestand, obwohl sich eine Nazi-Freundin bis zuletztfür ihn verwendet.) Sein Denkmal hat er damals angepasst; die grobe Kubatur gebrochen, scharfe Kanten abgerundet und ein Schwert hinzugefügt, wo vorher keines war. Nur im Kern ist sich das Denkmal treu geblieben: Trauer, in sich gekehrt und unentschieden, wie es jetzt weitergeht. Von hier aus sind es nur wenige Schritte bis
zum Ehrengrab der Nazi-Freundin. Kein Sturm der Entrüstung kann sie mehr erreichen, während sie bis heute provoziert; jeden, der ihr nur ein bisschen näher kommt; als genderfluider Frontsoldat/Liebes Fräulein Hollenstein!, Parteimitglied der ersten Stunde/verboten freie Künstlerin, besten Freunden treu ergeben/als andere ins Lager gehen und die Nachwelt durch eine Schenkung verpflichtend, niemals
zu vergessen, wie leicht es sich biegt/bis es bricht —(So viel Marmor und
Granit, überall Marmor/Granit)!
Wie leicht es sich biegt/(bis es bricht), 2022
foto: Kriegerdenkmal “Trauernde Frau” von Albert Bechtold, 1926-32, Lustenau, eigenes Bild, 2022
Der Text bezieht sich auf das seinerzeit umstrittene Lustenauer Kriegerdenkmal von Albert Bechtold und auf das (nahegelegene) Ehrengrab der Lustenauer Malerin und NS-Kunst-Funktionärin Stephanie Hollenstein, die sich bis zuletzt für ihren (politisch nicht mehr entsprechenden) Künstlerfreund Albert Bechtold einsetzt, am Ende allerdings vergeblich. Ihren gesamten Nachlass (Bilder, Briefe etc.) inklusive Haus und Grundstück, vermachen die Erben (wohl den Wünschen der Künstlerin entsprechend) ihrer Heimatgemeinde. Heute befindet sich dort u.a. das Depot der Sammlung Hollenstein.

Frie|de, Fried|den, der
Substantiv, maskulin, Friede, [friːdə]
Ein Zustand von Stille und Harmonie. z.B. ein Staat ohne Störungen des öffentlichen Lebens. Abwesenheit von Gewalt, Angst und anderen Störungen.
(Transparent an der Volksschule Kirchdorf, Lustenau, 2022)
Auf der Suche nach dem Ehrengrab
jener früher sehr bekannten Nazi-Malerin, so viel
Marmor und Granit, als ob die Schwere von Verlusten durch
Steine aufgewogen würde. Das größte Steingebirge ist ein Kriegerdenkmal.
Ganz oben, eine gebeugte Gestalt, die sich so tief in ihr Gewand zurückgezogen hat, dass ein Gesicht erst aus der Nähe zu erkennen ist. Wozu hat sie ein Schwert dabei? Um sich in ihrer Trauer schwer darauf zu stützen, es bis zum Heft in das darunterliegende Gestein zu stoßen? Um es zu zerbrechen? (Nie wieder Krieg?) Nein, sie trägt es nah bei sich (am Herzen), als wäre ihr, von allen Dingen, nur das Schwert geblieben. Keine Inschrift, kein Mein ist die Vergeltung (so wie damals angedacht), nur Trauer und ein Schwert, als ob noch nicht entschieden
wäre, wie es damit weitergeht —
Wir wissen, wie es weiterging
(wir kennen die Geschichte), aber damals hat
das Denkmal viele Menschen so beschäftigt und den Künstler
so zermürbt, dass er fast aus freien Stücken hingeschmissen hätte. (Späterschicken ihn die Nazis in den Ruhestand, obwohl sich eine Nazi-Freundin bis zuletzt für ihn verwendet.) Sein Denkmal hat er damals angepasst; die grobe Kubatur gebrochen, scharfe Kanten abgerundet und ein Schwert hinzugefügt, wo vorher keines war. Nur im Kern ist sich das Denkmal treu geblieben: Trauer, in sich gekehrt und unentschieden, wie es jetzt weitergeht. Von hier aus sind es nur wenige Schritte bis zum Ehrengrab der Nazi-Freundin. Kein Sturm der Entrüstung kann sie mehr erreichen, während sie bis heute provoziert; jeden, der ihr nur ein bisschen näher kommt, als genderfluider Frontsoldat/Liebes Fräulein Hollenstein!, verboten freie Künstlerin/Parteimitglied der ersten Stunde, besten Freunden
treu ergeben/als andere ins Lager gehen und die Nachwelt durch
eine Schenkung verpflichtend, niemals zu vergessen,
wie leicht es sich biegt/(bis es bricht) —
(So viel Marmor und
Granit, überall Marmor/Granit) —
Wie leicht es sich biegt/(bis es bricht), 2022
foto: Kriegerdenkmal “Trauernde Frau” von Albert Bechtold, 1926-32, Lustenau, eigenes Bild, 2022
Der Text bezieht sich auf das seinerzeit umstrittene Lustenauer Kriegerdenkmal von Albert Bechtold und auf das (nahegelegene) Ehrengrab der Lustenauer Malerin und NS-Kunst-Funktionärin Stephanie Hollenstein, die sich bis zuletzt für ihren (politisch nicht mehr entsprechenden) Künstlerfreund Albert Bechtold einsetzt, am Ende allerdings vergeblich. Ihren gesamten Nachlass (Bilder, Briefe etc.) inklusive Haus und Grundstück, vermachen die Erben (wohl den Wünschen der Künstlerin entsprechend) ihrer Heimatgemeinde. Heute befindet sich dort u.a. das Depot der Sammlung Hollenstein.

Frie|de, Fried|den, der
Substantiv, maskulin, Friede, [friːdə]
Ein Zustand von Stille und Harmonie. z.B. ein Staat ohne Störungen des öffentlichen Lebens. Abwesenheit von Gewalt,
Angst und anderen Störungen.
(Transparent an der Volksschule Kirchdorf, Lustenau, 2022)
Auf der Suche nach dem Ehrengrab
jener früher sehr bekannten Nazi-Malerin, so viel Marmor und Granit, als ob die Schwere von Verlusten durch Steine aufgewogen würde. Das größte Steingebirge ist ein Kriegerdenkmal. Ganz oben, eine gebeugte Gestalt, die sich so tief in ihr Gewand zurückgezogen hat, dass ein Gesicht erst aus der Nähe zu erkennen ist. Wozu hat sie ein Schwert dabei? Um sich in ihrer Trauer schwer darauf zu stützen, es bis zum Heft in das darunterliegende Gestein zu stoßen? Um es zu zerbrechen? (Nie wieder Krieg?) Nein, sie trägt es nah bei sich (am Herzen), als wäre ihr, von allen Dingen, nur das Schwert geblieben. Keine Inschrift,
kein Mein ist die Vergeltung (so wie damals angedacht), nur Trauer und ein Schwert, als ob noch nicht entschieden wäre, wie es damit weitergeht —
Wir wissen, wie es weiterging
(wir kennen die Geschichte), aber damals hat das Denkmal viele Menschen so beschäftigt und den Künstler so zermürbt, dass er fast aus freien Stücken hingeschmissen hätte. (Später schicken ihn die Nazis in den Ruhestand, obwohl sich eine Nazi-Freundin bis zuletztfür ihn verwendet.) Sein Denkmal hat er damals angepasst; die grobe Kubatur gebrochen, scharfe Kanten abgerundet und ein Schwert hinzugefügt, wo vorher keines war. Nur im Kern ist sich das Denkmal treu geblieben: Trauer, in sich gekehrt und unentschieden, wie es jetzt weitergeht. Von hier aus sind es nur wenige Schritte bis zum Ehrengrab der Nazi-Freundin. Kein Sturm der Entrüstung kann sie mehr erreichen, während sie
bis heute provoziert; jeden, der ihr ein bisschen näher kommt, als genderfluider Frontsoldat/Liebes Fräulein Hollenstein!, verboten freie Künstlerin/Parteimitglied der ersten Stunde, besten Freunden treu ergeben/als andere ins Lager gehen und die Nachwelt durch eine Schenkung verpflichtend, niemals zu vergessen, wie leicht es sich biegt/(bis es bricht) —(So viel Marmor und Granit, überall Marmor/Granit)!
Wie leicht es sich biegt/(bis es bricht), 2022
foto: Kriegerdenkmal “Trauernde Frau” von Albert Bechtold, 1926-32, Lustenau, eigenes Bild, 2022
Der Text bezieht sich auf das seinerzeit umstrittene Lustenauer Kriegerdenkmal von Albert Bechtold und auf das (nahegelegene) Ehrengrab der Lustenauer Malerin und NS-Kunst-Funktionärin Stephanie Hollenstein, die sich bis zuletzt für ihren (politisch nicht mehr entsprechenden) Künstlerfreund Albert Bechtold einsetzt, am Ende vergeblich. Ihren gesamten Nachlass (Bilder, Briefe etc.) inklusive Haus und Grundstück, vermachen die Erben (wohl den Wünschen der Künstlerin entsprechend) ihrer Heimatgemeinde. Heute befindet sich dort u.a. das Depot der Sammlung Hollenstein.