
“Er (Fulbert) überließ mir Heloise ganz und gar zur Erziehung und bat mich obendrein dringend, ich möchte doch ja alle freie Zeit, sei’s bei Tag oder bei Nacht, auf ihren Unterricht verwenden, ja, wenn sie sich träge und unaufmerksam zeige, solle ich sie rücksichtslos bestrafen. Ich musste nur staunen über eine solch grenzenlose Einfalt, die das unschuldige Lamm dem hungrigen Wolf anvertraute. (…) ja, um jeden Verdacht unmöglich zu machen, ging ich einige Male soweit, dass ich sie züchtigte. Aber es war Liebe, die schlug, nicht Grimm; Neigung, nicht Zorn, und diese Züchtigungen waren süßer als aller Balsam der Welt.”
Historia Calamitatum (1. Brief), Petrus Abaelardus, ca.1132
“Wo ist die äußerst weise Heloise, für die entmannt und später Mönch ward, Petrus Abaelardus in Saint Denis? (…) Wo ist der Schnee vom letzten Jahr?”
Ballade der Frauen von einst, Francois Villon, ca. 1460
Wären wir verrückt genug,
zwischen Buchstaben zu suchen, was auf
warmer Haut vergeht? Wären wir verrückt genug, den
alten Stories nachzujagen? Sollten wir uns daran messen? Wären wir
verrückt genug? Die Tinte wird bald tausend Jahre trocken sein, trotzdem ist
da diese Schwärze unter unsren Fingerkuppen; Sobald wir eine Tastatur berühren,
um (am Bildschirm) die Kristalle grade so auszurichten, dass an einem Punkt (wie hier)
kein Licht durchkommt; so schwarz, wie Galläpfel von Eichen, die sich (einmal auf-gebrochen) an der Luft verfärben; so wie hübsche Schopftintlinge, die (draußen
weiß) drinnen schwarz zerrinnen, wie (mit Rost vermischter) Ruß.
Wir kennen das Gewicht der Wörter, ihre/Schwerelosigkeit,
wenn sie (und wir mit ihnen)/fliegen —
Zerlegt, zerlesen, zur freien
Verfügung: nur ein Haufen alter Briefe,
aber richtig heißer Scheiß. Von wegen Dichtung oder
Wahrheit (und exakt wieviel davon?) Als ob es eine Rolle spielt, solange
sie im Umlauf sind: die Buchstaben, die mir und dir so viel bedeuten. Sieh sie dir an!
Mit Gold und Silber ausstaffiert, da blau (mit Indigo), dort leuchtend rot (mit Purpur-schnecken) auf schneeweißer Haut von Lämmern, weicher noch wie unsre Haut (du
weißt schon, wo). Jeden Zentimeter davon wollten wir erkunden. Also bitteschön,
Respekt, wenn unser Meister kommt; Manchmal polternd, wie im Stall mit wilden/
Tieren; sie aber sogleich mit leisen/Worten beruhigend; ihre Häute bedeckt
(er) mit/Zeichen, viel sanfter noch, ich schwöre es,
wie meine/Haut (oder deine) —
Pst! Silentium! Das Finale.
Blick zum Himmel (immer wieder, zu den Sternen).
Dabei ist der Jäger längst nach Westen abgetaucht. Im Schlepptau unsrer
Sehnsucht, Hörnerklänge, Hunde! Ah, die ferne Jagdgesellschaft! Nichts wie hinterher! Nein halt. Im Süden erwacht der Skorpion. Sein Schwanz, Holy shit!
Von hier aus, grade noch zu sehen, wären wir
verrückt genug —
Verrückt genug (Holy Shit), 2023
Foto: Grabmal Abaelard und Héloise (Ausschnitt), Père Lachaise (Paris) by Pierre-Yves Beaudouin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der Text bezieht sich auf das berühmteste Liebespaar des 12. Jahrhunderts, Abaelard und Héloise. Ihr Briefwechsel (authentisch oder nicht) ist bis heute Gegenstand erbitterter wissenschaftlicher bzw. pseudo-wissenschaftlicher Auseinandersetzungen (Vgl. Peter von Moos, Abaelard und Heloise, Gesammelte Studien zum Mittelalter, Band 1, Hrsg. von Gert Melville, LIT Verlag Münster 2005).
Das Sternbild des Himmelsjägers Orion ist (in unseren Breiten) das klassische Wintersternbild, während der Skorpion, der ihm (der Sage nach) zum Verhängnis wird, Anfang Juni kulminiert. Auffällig, sein Haupt mir dem rötlichen Hauptstern, Kalb-al-Akrab, arab. “Herz des Skorpions” alias Antares, griech. “Gegen-Mars”. Vom Schwanz ist hier, wenn überhaupt, höchstens der Stachel zu sehen.

“Er (Fulbert) überließ mir Heloise ganz und gar zur Erziehung und bat mich obendrein dringend, ich möchte doch ja alle freie Zeit, sei’s bei Tag oder bei Nacht, auf ihren Unterricht verwenden, ja, wenn sie sich träge und unaufmerksam zeige, solle ich sie rücksichtslos bestrafen. Ich musste nur staunen über eine solch grenzenlose Einfalt, die das unschuldige Lamm dem hungrigen Wolf anvertraute. (…) ja, um jeden Verdacht unmöglich zu machen, ging ich einige Male soweit, dass ich sie züchtigte. Aber es war Liebe, die schlug, nicht Grimm; Neigung, nicht Zorn, und diese Züchtigungen waren süßer als aller Balsam der Welt.”
Historia Calamitatum (1. Brief), Petrus Abaelardus, ca.1132
“Wo ist die äußerst weise Heloise, für die entmannt und später Mönch ward, Petrus Abaelardus in Saint Denis? (…) Wo ist der Schnee vom letzten Jahr?”
Ballade der Frauen von einst, Francois Villon, ca. 1460
Wären wir verrückt genug,
zwischen Buchstaben zu suchen, was auf
warmer Haut vergeht? Wären wir verrückt genug, den
alten Stories nachzujagen? Sollten wir uns daran messen? Wären wir verrückt genug? Die Tinte wird bald tausend Jahre trocken sein, trotzdem
ist da diese Schwärze unter unsren Fingerkuppen; sobald wir eine Tastatur be-rühren, um (am Bildschirm) die Kristalle grade so auszurichten, dass an einem Punkt (wie hier) kein Licht durchkommt; so schwarz, wie Galläpfel von Eichen,
die sich (einmal aufgebrochen) an der Luft verfärben; so wie hübsche Schopf-tintlinge, die (draußen weiß) drinnen schwarz zerrinnen, wie (mit Rost vermischter) Ruß. Wir kennen das Gewicht der Wörter,
ihre/Schwerelosigkeit, wenn sie (und wir
mit ihnen)/fliegen —
Zerlegt, zerlesen, zur freien
Verfügung: nur ein Haufen alter Briefe,
aber richtig heißer Scheiß. Von wegen Dichtung oder
Wahrheit (und exakt wieviel davon?). Als ob es eine Rolle spielt,
solange sie im Umlauf sind: die Buchstaben, die mir (und dir) so viel
bedeuten. Sieh sie dir an! Mit Gold und Silber ausstaffiert, da blau (mit Indigo), dort leuchtend rot (mit Purpurschnecken) auf schneeweißer Haut von Lämmern,
weicher noch wie unsre Haut (du weißt schon, wo). Jeden Zentimeter davon wollten wir erkunden. Also bitteschön, Respekt, wenn unser Meister kommt; Manchmal polternd, wie im Stall mit wilden/Tieren; sie aber sogleich
mit leisen/Worten beruhigend; ihre Häute bedeckt (er)
mit/Zeichen, viel sanfter noch, ich schwöre es,
wie meine/Haut oder deine —
Pst! Silentium! Das Finale.
Blick zum Himmel (immer wieder) zu den Sternen.
Dabei ist der Jäger längst nach Westen abgetaucht. Im Schlepptau
unsrer Sehnsucht, Hörnerklänge, Hunde! Ah, die ferne Jagdgesellschaft! Nichts wie hinterher! Nein, halt. Im Süden erwacht der Skorpion. Sein Schwanz,
Holy shit! Von hier aus grade noch zu sehen,
wären wir verrückt genug —
Verrückt genug (Holy Shit), 2023
Foto: Grabmal Abaelard und Héloise (Ausschnitt), Père Lachaise (Paris) by Pierre-Yves Beaudouin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der Text bezieht sich auf das berühmteste Liebespaar des 12. Jahrhunderts, Abaelard und Héloise. Ihr Briefwechsel (authentisch oder nicht) ist bis heute Gegenstand erbitterter wissenschaftlicher bzw. pseudo-wissenschaftlicher Auseinandersetzungen (Vgl. Peter von Moos, Abaelard und Heloise, Gesammelte Studien zum Mittelalter, Band 1, Hrsg. von Gert Melville, LIT Verlag Münster 2005).
Das Sternbild des Himmelsjägers Orion ist (in unseren Breiten) das klassische Wintersternbild, während der Skorpion, der ihm (der Sage nach) zum Verhängnis wird, Anfang Juni kulminiert. Auffällig sein Haupt mit dem rötlichen Hauptstern, Kalb-al-Akrab, arab. “Herz des Skorpions” alias Antares, griech. “Gegen-Mars”. Vom Schwanz ist hier, wenn überhaupt, höchstens der Stachel zu sehen.

“Er (Fulbert) Er überließ mir Heloise ganz und gar zur Erziehung und bat mich obendrein dringend, ich möchte doch ja alle freie Zeit, sei’s bei Tag oder bei Nacht, auf ihren Unterricht verwenden, ja, wenn sie sich träge und unaufmerksam zeige, solle ich sie rücksichtslos bestrafen. Ich musste nur staunen über eine solch grenzenlose Einfalt, die das unschuldige Lamm dem hungrigen Wolf anvertraute. (…) Aber es war Liebe, die schlug, nicht Grimm; Neigung, nicht Zorn, und diese Züchtigungen waren süßer als aller Balsam der Welt.” Historia Calamitatum (1. Brief), Petrus Abaelardus, ca.1132
“Wo ist die äußerst weise Heloise, für die entmannt und später Mönch ward, Petrus Abaelardus in Saint Denis? (…) Wo ist der Schnee vom letzten Jahr?” Ballade der Frauen von einst, Francois Villon, ca. 1460
Wären wir verrückt genug,
zwischen Buchstaben zu suchen, was auf warmer Haut vergeht? Wären wir verrückt genug, den alten Stories nachzujagen? Sollten wir uns daran messen? Wären wir verrückt genug? Die Tinte wird bald tausend Jahre trocken sein, trotzdem ist da diese Schwärze unter unsren Fingerkuppen. Sobald wir eine Tastatur berühren, um (am Bildschirm) die Kristalle grade so auszurichten, dass an einem Punkt (wie hier) kein Licht durchkommt; so schwarz, wie Galläpfel von Eichen, die sich (einmal aufgebrochen) an der Luft verfärben; so wie hübsche Schopftintlinge, die (draußen weiß) drinnen schwarz zerrinnen, wie (mit Rost vermischter) Ruß. Wir kennen das Gewicht der Wörter, ihre/Schwerelosigkeit, wenn sie
(und wir mit ihnen)/fliegen —
Zerlegt, zerlesen, zur freien
Verfügung: nur ein Haufen alter Briefe, aber richtig heißer Scheiß. Von wegen Dichtung oder Wahrheit (und exakt wieviel davon?). Als ob es eine Rolle spielt, solange sie im Umlauf sind: die Buchstaben, die mir und dir so viel bedeuten. Sieh sie dir an! Mit Gold und Silber ausstaffiert, da blau (mit Indigo), dort leuchtend rot (mit Purpurschnecken) auf schneeweißer Haut von Lämmern, weicher noch wie unsre Haut (du weißt schon, wo). Jeden Zentimeter davon wollten wir erkunden. Also bitteschön, Respekt, wenn unser Meister kommt; Manchmal polternd, wie im Stall mit wilden/Tieren; sie aber sogleich mit leisen/Worten beruhigend; ihre Häute bedeckt (er) mit/Zeichen, viel sanfter noch, ich schwöre es, wie meine/Haut oder deine —
Pst! Silentium! Das Finale.
Blick zum Himmel (immer wieder, zu den Sternen). Dabei ist der Jäger längst nach Westen abgetaucht. Im Schlepptau unsrer Sehnsucht, Hörnerklänge, Hunde! Ah, die ferne Jagdgesellschaft! Nichts wie hinterher! Nein, halt. Im Süden erwacht der Skorpion. Sein Schwanz, Holy shit! Von hier aus, grade noch zu sehen, wären wir verrückt genug —
Verrückt genug (Holy Shit), 2023
Foto: Grabmal Abaelard und Héloise (Ausschnitt), Père Lachaise (Paris) by Pierre-Yves Beaudouin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der Text bezieht sich auf das berühmteste Liebespaar des 12. Jahrhunderts, Abaelard und Héloise. Ihr Briefwechsel
(authentisch oder nicht) ist bis heute Gegenstand erbitterter wissenschaftlicher bzw. pseudo-wissenschaftlicher Auseinandersetzungen (Vgl. Peter von Moos, Abaelard und Heloise, Gesammelte Studien zum Mittelalter, Band 1, Hrsg. von Gert Melville, LIT Verlag Münster 2005).
Das Sternbild des Himmelsjägers Orion ist (in unseren Breiten) das klassische Wintersternbild, während der Skorpion, der ihm (der Sage nach) zum Verhängnis wird, Anfang Juni kulminiert. Auffällig sein Haupt mit dem rötlichen Hauptstern, Kalb-al-Akrab, arab. “Herz des Skorpions” alias Antares, griech. “Gegen-Mars”. Vom Schwanz ist hier, wenn überhaupt, höchstens der Stachel, zu sehen.