
Sanfte Gesichter,
talwärts gewendet (die Berge waren
schroff genug); ein Reiseführer, mit Schiebermütze und
Koteletten, quasi Lokführer von anno dazumal (obwohl er später
als Chauffeur im Reisebus nach Stuttgart sitzt); seine knappe Empfehlung zum Druckausgleich (“Zehen krümmen, dabei schlucken”) kommt so freundlich-routiniert, dass ich mir (außer Bahnhof) gar nichts denke, bis die ganze Gondel lacht; ein greises Paar, das sich so innig an den Händen hält, wie das früher üblich war (zu jenen Kriegs- und Krisenzeiten, im Blick für immer Gipfel, Kreuze); in Fetzen ein Gedicht Szymborskas, in dem sie Tote um Vergebung bittet, weil sie kaum mehr an sie denkt, und Kriege, weil sie Blumen mit nach Hause bringt (und Gedichte sowieso); ein Behindertenbetreuer, der grade mal zwei Schäfchen hat (eins heißt Heinrich), der uns warnt (die Mittel-
stütze!); das sackende Gefühl im Bauch, das unbändige Juchzen Heinrichs,
die Gewissheit, dass wir alle (auf Verzicht längst eingeschworen)
alle Berge brauchen, polnische Gedichte, Heinrich,
ganz besonders Heinrich —Frage (viel zu groß für diese Gondel):
Wann werden wir uns wieder an den Händen halten?
Talfahrt mit Heinrich (Alle Berge), 2022
foto: Unter einem kleinen Stern (Ausschnitt), eigenes Bild, 2022, aus: Hundert Freuden, Gedichte, Wisława Szymborska, Frankfurt am Main 1996

Sanfte Gesichter, talwärts
gewendet (die Berge waren schroff genug);
ein Reiseführer mit Schiebermütze und Koteletten, quasi
Lokführer von anno dazumal (obwohl er später im Reisebus nach
Stuttgart sitzt); seine knappe Empfehlung zum Druckausgleich (“Zehen krümmen, dabei schlucken”) kommt so freundlich-routiniert, dass ich mir
(außer Bahnhof) gar nichts denke, bis die ganze Gondel lacht; ein greises Paar, das sich so innig an den Händen hält, wie das früher üblich war, zu jenen Kriegs- und Krisenzeiten (im Blick für immer Gipfel, Kreuze); in Fetzen, ein Gedicht Szymborskas; in dem sie Tote um Vergebung bittet, weil sie kaum mehr an sie denkt, und Kriege, weil sie Blumen mit nach Hause bringt (und Gedichte sowieso); ein Behindertenbetreuer, der grade mal zwei Schäfchen hat (eins
heißt Heinrich); der uns warnt (die Mittelstütze!); das sackende Gefühl im
Bauch, das unbändige Juchzen Heinrichs, die Gewissheit, dass
wir alle (auf Verzicht längst eingeschworen) alle Berge
brauchen, polnische Gedichte, Heinrich,
ganz besonders Heinrich —Frage (viel zu groß für diese Gondel):
Wann werden wir uns wieder an den Händen halten?
Talfahrt mit Heinrich (Alle Berge), 2022
foto: Unter einem kleinen Stern (Ausschnitt), eigenes Bild, 2022, aus: Hundert Freuden, Gedichte, Wisława Szymborska, Frankfurt am Main 1996

Sanfte Gesichter, talwärts gewendet (die Berge waren schroff genug); ein Reiseführer, mit Schiebermütze und Koteletten, quasi Lokführer von anno dazumal (obwohl er später als Chauffeur im Reisebus nach Stuttgart sitzt); seine knappe Empfehlung zum Druckausgleich (“Zehen krümmen, dabei schlucken”) kommt so freundlich-routiniert, dass ich mir (außer Bahnhof) gar nichts denke, bis die ganze Gondel lacht; ein greises Paar, das sich so innig an den Händen hält, wie das früher üblich war (zu jenen Kriegs- und Krisenzeiten, im Blick für immer Gipfel, Kreuze); in Fetzen, ein Gedicht Szymborskas, in dem sie Tote um Vergebung bittet, weil sie kaum mehr an sie denkt, und Kriege, weil sie Blumen mit nach Hause bringt (und Gedichte sowieso); ein Behindertenbetreuer, der grade mal zwei Schäfchen hat (eins heißt Heinrich); der uns warnt (die Mittelstütze!); das sackende Gefühl im Bauch, das unbändige Juchzen Heinrichs, die Gewissheit, dass wir alle (auf Verzicht längst eingeschworen) alle Berge brauchen, polnische Gedichte, Heinrich, ganz besonders Heinrich —
Frage (viel zu groß für diese Gondel): Wann werden wir uns wieder an den Händen halten?
Talfahrt mit Heinrich (Alle Berge), 2022
foto: Unter einem kleinen Stern (Ausschnitt), eigenes Bild, 2022, aus: Hundert Freuden, Gedichte, Wisława Szymborska, Frankfurt am Main 1996