Es ist ein Kreuz

Cormorants by Ray Bilcliff, via pexels

Es ist ein Quorren, Schnarren, Kollern,
tief vom Grund des Sees herauf, dabei sitzen sie auf Bäumen,

schärfen ihren Silberblick, als Kormorane. Ist das eine Totenklage? Liegt darin
vielleicht ein Vorwurf? Verfluchen sie
den Krieg und uns? Wir hören nur die Explosionen.
Am
nächsten Morgen gleiten Schwäne durch die Bucht, als wäre nichts passiert.
Ein Blesshuhn
jagt ein anderes davon, läuft übers Wasser wie
ein Gott,
nur dass wir darüber kein Wort verlieren,

             (geschweige denn, ein Buch) —

 

Es ist ein Kreuz mit diesem Vogel,

der uns die letzten Fische stiehlt. Manchmal finden wir
sie
wieder, Silbergeld in allen Gassen (hochgewürgtes Diebesgut),
wenn unverhofft der Krieg ausbricht. Die meisten tauchen einfach ab. Einen
ganz gewieften Flüchtling haben wir vor Jahren draußen auf dem Eis gefunden; die Brust zerfetzt (festgefroren), der Schnabel gebrochen (ungebremster Sturz aufs
Eis), die Ruderfüße durchgestreckt (letzter Tauchgang) und
ein Auge
weit geöffnet: durchs trübe Milchglas war nicht zu erkennen,
            
ob und wohin er entkommen ist —

 

Bei allen Sternen über uns,
es besteht doch gar kein Zweifel, dass wir diese Schlacht gewinnen,
             auch wenn der Krieg verloren ist —

Es ist ein Kreuz, 2017/2022

foto: Kormoran (Phahlacrocorax carbo), Karl-Friedrich Hohl  via istockphoto.com

Der Text bezieht sich auf den „Krieg“ gegen Kormorane, der so erbittert geführt wird, als ob hohe Abschusszahlen allein die schlechte Qualität aquatischer Lebensräume (und die schwindenden Fischereierträge) kompensieren könnten. Obwohl Kormorane nach der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, gelten Richtlinien (wie so oft im Kriegsfall) auch in jagdethischer Hinsicht wenig. Am Bodensee werden jährlich bis zu 200 Kormorane erlegt, zum Teil direkt im Naturschutzgebiet und während der Brutsaison. Die letzte Kormoranjagd in der Fußacher Bucht liegt erst wenige Tage zurück.

Noch eine letzte Anmerkung: die Redewendung „es ist ein Kreuz mit diesem Vogel“ ist nicht nur sprichwörtlich gemeint. 2014 wurde ein Kormoran am Chiemsee gekreuzigt, allerdings nicht zu Ostern, sondern im Hochsommer.

Cormorants by Ray Bilcliff, via pexels

Es ist ein Quorren, Schnarren, Kollern,
tief vom Grund des Sees herauf, dabei sitzen sie auf Bäumen,

schärfen ihren Silberblick, als Kormorane. Ist das eine Totenklage? Liegt
darin vielleicht ein Vorwurf?
Verfluchen sie den Krieg und uns? Wir hören nur die Explosionen. Am nächsten Morgen gleiten Schwäne durch die Bucht, als wäre nichts passiert. Ein Blesshuhn jagt ein anderes davon, läuft übers Wasser
wie ein Gott,
nur dass wir darüber kein Wort verlieren,

             (geschweige denn, ein Buch) —

 

Es ist ein Kreuz mit diesem Vogel,

der uns die letzten Fische stiehlt. Manchmal finden wir
sie
wieder, Silbergeld in allen Gassen (hochgewürgtes Diebesgut),
wenn unverhofft der Krieg ausbricht. Die meisten tauchen einfach ab. Einen
ganz gewieften Flüchtling haben wir vor Jahren draußen auf dem Eis gefunden.
Die Brust zerfetzt (festgefroren), der Schnabel gebrochen (ungebremster Sturz
aufs Eis), die Ruderfüße durchgestreckt (letzter Tauchgang) und
ein Auge
weit geöffnet: durchs trübe Milchglas war nicht zu erkennen,
            
ob und wohin er entkommen ist —

 

Bei allen Sternen über uns,
es besteht doch gar kein Zweifel, dass wir diese Schlacht gewinnen,
             auch wenn der Krieg verloren ist —

Es ist ein Kreuz, 2017/2022

foto: Kormoran (Phahlacrocorax carbo), Karl-Friedrich Hohl  via istockphoto.com

Der Text bezieht sich auf den „Krieg“ gegen Kormorane, der so erbittert geführt wird, als ob hohe Abschusszahlen allein die schlechte Qualität aquatischer Lebensräume (und die schwindenden Fischereierträge) kompensieren könnten. Obwohl Kormorane nach der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, gelten Richtlinien (wie so oft im Kriegsfall) auch in jagdethischer Hinsicht wenig. Am Bodensee werden jährlich bis zu 200 Kormorane erlegt, zum Teil direkt im Naturschutzgebiet und während der Brutsaison. Die letzte Kormoranjagd in der Fußacher Bucht liegt erst wenige Tage zurück.

Noch eine letzte Anmerkung: die Redewendung „es ist ein Kreuz mit diesem Vogel“ ist nicht nur sprichwörtlich gemeint. 2014 wurde ein Kormoran am Chiemsee gekreuzigt, allerdings nicht zu Ostern, sondern im Hochsommer.

Cormorants by Ray Bilcliff, via pexels

Es ist ein Quorren, Schnarren, Kollern, tief vom Grund des Sees herauf, dabei sitzen sie auf Bäumen, schärfen ihren Silberblick als Kormorane. Ist das eine Totenklage? Liegt darin vielleicht ein Vorwurf? Verfluchen sie den Krieg und uns? Wir hören nur die Explosionen. Am nächsten Morgen gleiten Schwäne durch die Bucht, als wäre nichts passiert. Ein Blesshuhn jagt ein anderes davon, läuft übers Wasser wie ein Gott, nur dass wir darüber kein Wort verlieren, (geschweige denn, ein Buch) —

 

Es ist ein Kreuz mit diesem Vogel,

der die letzten Fische stiehlt. Manchmal finden wir sie wieder, Silbergeld in allen Gassen (hochgewürgtes Diebesgut), wenn unverhofft der Krieg ausbricht. Die meisten tauchen einfach ab. Einen
ganz gewieften Flüchtling haben wir vor Jahren draußen auf dem Eis gefunden. Die Brust zerfetzt (festgefroren), der Schnabel gebrochen (ungebremster Sturz aufs Eis), die Ruderfüße durchgestreckt (letzter Tauchgang) und
ein Auge weit geöffnet: durchs trübe Milchglas war nicht zu erkennen,  ob und wohin er entkommen ist —

 

Bei allen Sternen über uns, es besteht doch gar kein Zweifel, dass wir diese Schlacht gewinnen, auch wenn der Krieg verloren ist —

Es ist ein Kreuz, 2017/2022

foto: Kormoran (Phahlacrocorax carbo), Karl-Friedrich Hohl  via istockphoto.com

Der Text bezieht sich auf den „Krieg“ gegen Kormorane, der so erbittert geführt wird, als ob hohe Abschusszahlen allein die schlechte Qualität aquatischer Lebensräume (und die schwindenden Fischereierträge) kompensieren könnten. Obwohl Kormorane nach der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, gelten Richtlinien (wie so oft im Kriegsfall) auch in jagdethischer Hinsicht wenig. Am Bodensee werden jährlich bis zu 200 Kormorane erlegt, zum Teil direkt im Naturschutzgebiet und während der Brutsaison. Die letzte Kormoranjagd in der Fußacher Bucht liegt erst wenige Tage zurück.

Noch eine letzte Anmerkung: die Redewendung „es ist ein Kreuz mit diesem Vogel“ ist nicht nur sprichwörtlich gemeint. 2014 wurde ein Kormoran am Chiemsee gekreuzigt, allerdings nicht zu Ostern, sondern im Hochsommer.