Sappho weint

Papyrus H, Paz estrada, via CC BY-SA 4.0

Lieder, fest in sich verschlossen,

am Tisch der Laboranten allen Blicken ausgesetzt

und der hellsten Röntgenstrahlung, die Wissenschaft erzeugen kann,
damit sie endlich lesbar würden*: Aschen, längst verlöschter Feuer, wie jener
von Lesbos, wo wir einmal glücklich waren und zur Ehre einer Göttin Kränze banden,

aus Rosen und Kerbel und duftenden Veilchen. Vorbei die Zeit. Wir sitzen
als Fremde am Feuer. Mit leeren Händen, starrend vor Schmutz

               und
enttäuschter Hoffnung. Sappho weint.

Sappho weint, 2020                                                                        foto: Flüchtlingsboot, via CC0 1.0

*ob die verkohlten Papyrusrollen von Herkulaneum sapphische Gedichte enthalten, bleibt vorläufig ein Geheimnis. Sicher ist, dass Sapphos Heimatinsel, Lesbos, heute mehr denn je für ihr Flüchtlingselend bekannt ist, als für das größtenteils verloren gegangene Liedgut der antiken Dichterin.

 

Papyrus H, Paz estrada, via CC BY-SA 4.0

 Lieder, fest in sich verschlossen,

am Tisch der Laboranten allen Blicken ausgesetzt

und der hellsten Röntgenstrahlung, die Wissenschaft erzeugen kann,
damit sie endlich lesbar würden*: Aschen, längst verlöschter Feuer, wie jener
von Lesbos, wo wir einmal glücklich waren und zur Ehre einer Göttin Kränze banden,
aus Rosen und Kerbel und duftenden Veilchen. Vorbei die Zeit.
Wir sitzen
als Fremde am Feuer. Mit leeren Händen, starrend vor Schmutz

               und enttäuschter Hoffnung. Sappho weint.

Sappho weint, 2020                                                     foto: Flüchtlingsboot, via CC0 1.0

*ob die verkohlten Papyrusrollen von Herkulaneum sapphische Gedichte enthalten, bleibt vorläufig ein Geheimnis. Sicher ist, dass Sapphos Heimatinsel, Lesbos, heute mehr denn je für ihr Flüchtlingselend bekannt ist, als für das größtenteils verloren gegangene Liedgut der antiken Dichterin.

 

Papyrus H, Paz estrada, via CC BY-SA 4.0

Lieder, fest in sich verschlossen,

am Tisch der Laboranten allen Blicken ausgesetzt und der hellsten Röntgenstrahlung, die Wissenschaft erzeugen kann,
damit sie endlich lesbar würden*: Aschen längst verlöschter Feuer, wie jener von Lesbos, wo wir einmal glücklich waren und zur Ehre einer Göttin Kränze banden, aus Rosen und Kerbel und duftenden Veilchen. Vorbei die Zeit. Wir sitzen als Fremde. Mit leeren Händen, starrend vor Schmutz und enttäuschter Hoffnung. Sappho weint.

Sappho weint, 2020                           

foto: Flüchtlingsboot, via CC01.0

*ob die verkohlten Papyrusrollen von Herkulaneum sapphische Gedichte enthalten, bleibt vorläufig ein Geheimnis. Sicher ist, dass Sapphos Heimatinsel, Lesbos, heute mehr denn je für ihr Flüchtlingselend bekannt ist, als für das größtenteils verloren gegangene Liedgut der antiken Dichterin.